Gaststory | Seltsame Begegnungen

Frühling, ja es war Frühling und Noa hockte auf einem Friedhof. Hier verbrachte sie hauptsächlich ihre Freizeit. Es war der einzige Ort an dem sie mal Ruhe vor allen hatte und sich zurücklehnen konnte, ohne dass ihr Smartphone sie störte, da sie es immer, wenn sie sich auf dem Friedhof versteckte, ausschaltet.
Sie liebt die Ruhe und hörte gerne den Vögeln zu, die an bestimmten Tagen einer Sinfonie ähnelten. Noa liebte das einfach.
An solchen Tagen saß sie dort stundenlang, nur dieser Tag sollte anders sein. Dies wusste sie aber noch nicht, denn sie saß wie immer am selben Platz und las ein Buch.
In der Geschichte ging es mal wieder hauptsächlich um Sex, was sie irgendwie abartig fand, denn die Beschreibungen waren extrem detailgetreu, aber trotz allem fand sie das Buch super spannend, da man die Szenen, die sie nicht mochte, zum Glück überspringen konnte.
Es wurde an diesem Tag später als üblich, da sie sich extrem in die Lektüre vertiefte. Ihr fiel es erst auf, dass es spät wurde, als sie die Engelsstatue, die ein gutes Stück weiter weg stand, nicht mehr sehen konnte.
Noa sprang sofort auf, da sie dringend los musste, um noch einen Bus zu erwischen, damit sie noch nach Hause kam.
Sie hatte nicht wirklich Lust, fünfzehn Kilometer zu Fuß laufen zu müssen.
Sie schnappte sich all ihre Sachen und lief zur Bushaltestelle. Noas Blick fiel sofort auf den Fahrplan, der ihre Laune nicht gerade verbesserte, denn es würde heute kein Bus mehr fahren.
Es verwunderte sie etwas, denn der Plan, der hier hing, war mit einem roten Stift bearbeitet worden und dazu stand auch noch ein riesiges „Achtung Fahrplanänderung“ drauf. Bevor sie zum Friedhof gegangen war, stand das noch nicht da, aber na ja, ändern konnte sie es auch nicht. Dann hieß es für sie halt zu Fuß laufen, mit der Hoffnung, dass sie an einer Bushaltestelle vorbei kam, an der ein Bus in die Richtung fuhr, in der sie wohnte.
In diesem Moment ahnte sie aber noch nicht, dass das nicht die einzige Sache war, die noch geschehen wird.
Noa machte sich langsam auf den Weg.
Sie wusste, dass sie spätestens gegen Mitternacht zu Hause ankommen würde, denn sie hatte diese Strecke schon einmal gehen müssen, als sie den letzten Bus verpasst hatte, Damals hatte sie sich geschworen, besser auf die Zeit zu achten, doch damit war wohl nichts, wie es aussah.
Noa bog nach ein paar Metern um eine Ecke und folgte dem Weg.
Je später es wurde, desto nebliger wurde es. Die Nebelschwaden krochen auf den Boden und um ihre Knöchel. Es war etwas unheimlich, denn sie hatte so etwas noch nie erlebt. Es war ein seltsames Gefühl.
Sie lief trotzdem weiter, da sie nach Hause wollte, kam aber nicht sehr weit, denn einen Meter weiter stand etwas auf dem Radweg.
Noa ging noch etwas näher ran und erkannte was es war.
Es war ein Tourbus.
Sie hatte schon mal so einen gesehen, zwar nur von weitem aber, das war in dem Moment auch egal. Noa stand eine Weile auf der Stelle, an der sie angehalten hatte und starrte den Bus an.
Und dann hörte sie eine Stimme. Sie kam gedämpft aus dem Bus, bis die Tür geöffnet wurde und ein Junge heraustrat.
Von weitem konnte sie ihn kaum erkennen, doch das änderte sich schnell, da er in ihre Richtung ging.
Er bemerkte sie erst, als er den Kopf hob, um sich umzusehen.
Der Junge sah sie fragend an und Noa wurde leicht verlegen.
„Was hast du alles mitbekommen?“
Es überraschte Noa, dass er sie ansprach, denn sie war an so was nicht gewöhnt. Die meisten ignorierten sie ständig, da sie sich immer zurückzog.
Sie schluckte und antwortete zögernd: „Ich, ähm, ich habe nichts gehört. Sollte ich etwa?“
Noa schluckte ein zweites Mal. Sie wusste nicht, was er von ihr wollte, außer halt zu wissen, ob sie was gehört hatte. Er nickte nur und in seinem Gesicht erschien ein Lächeln.
„Das ist ja gut. Ich dachte schon, dass man gehört hätte, wie ich geflucht habe, weil mal wieder nicht alles klappt wie es soll.“
Er lachte leicht, als er das sagte.
„Aber hey, was machst du um diese Zeit noch hier draußen? Ich habe gehört, dass die Ecke hier für Mädchen nicht sehr sicher ist.“
Noa nickte kurz.
„Ja ich weiß, aber ich muss hier lang, damit ich nach Hause komme, da kein Bus mehr fährt habe ich keine andere Wahl.“
Es wunderte sie, dass sie ihm das erzählte, obwohl sie ihn nicht kannte, aber zurücknehmen konnte sie es auch nicht.
Doch er nickte nur.
„Ich verstehe. Wartet jemand auf dich?“
Die Frage überraschte sie etwas, aber sie schüttelte den Kopf.
„Nein.“
Er nickte nochmal.
„Willst du mit in den Bus kommen? Du brauchst auch keine Angst zu haben. Ich tue dir nichts. Ich kann dich auch nach Hause fahren.
Noa sah wieder das Lächeln.
Es sagte ihr irgendwie, dass er hundertpro ein Herzensbrecher war, aber was sollte das für eine Rolle spielen, immerhin wollte sie nichts von ihm.
„Ja gerne, wenn ich zu Fuß laufe, komme ich erst um Mitternacht zu Hause an, aber wehe du lügst.“
Noa musste aus irgendeinem Grund grinsen.
Sie verstand auch nicht, wieso sie ihn so vertraute, obwohl er fremd war.
Noa kannte nicht mal seinen Namen.
Er ging voran zum Tourbus, öffnete die Tür und gab ihr ein Zeichen, dass sie als Erste einsteigen soll, was sie auch tat.
Der erste Eindruck, den sie bekam, war, dass er hier drinnen lebte wie ein Schwein. Es sah echt aus wie im Schweinestall.
Überall lag Klopapierrolle auf Klopapierrolle und in einer anderen Ecke stand sogar ein Milchkrug.
Sie hörte, wie er die Tür hinter sich schloss und drehte sich mit einer hochgezogenen Augenbraue zu ihm um.
„Ich wusste gar nicht, dass man in einem Schweinestall leben kann!“
Als Noa das sagte musste er lachen.
„Sorry, ich hatte halt keine Zeit zum Aufräumen, bevor ich dich hier rein gebeten habe.“
Er lächelte, hob ein altes T-Shirt vom Boden auf und warf es in einen Wäschekorb.
„Jedenfalls brauchst du dir jetzt auch keine Sorgen zu machen, dass ich dir was antun würde, denn wenn ich es täte, würde ich nur auf die Schnauze fliegen und du könntest ohne Probleme abhauen.“
Als er das sagte, brachte er sie wieder zum Lächeln.
„Stimmt, aber wenn ich mich hier schnell bewegen wollen würde, würde ich mich wahrscheinlich mehr verletzen als retten.“
Er zuckte nur mit den Schultern.
„Na ja, ich glaube ich fahre dich dann mal nach Hause, nicht, dass du doch noch vermisst wirst. Ach ja, nicht dass ich es vergesse, mein Name ist Jack, damit du es weißt.“
Noa nickte wieder mal mit dem Kopf.
„Okay Jack, mein Name ist Noa und danke, ich bin dir was schuldig!“
Jack setze sich daraufhin ans Steuer und fuhr sie nach Hause.
Als sie vor ihrem Haus standen, verabschiedeten sie sich und tauschten ihre Handynummern aus.
Er fuhr einige Minuten darauf weg und Noa sah ihm hinterher.
Sie wusste eins: Sie wollte ihn wieder sehen, aber ob es jemals soweit kommen würde, wusste sie nicht.
Sie kannte zwar jetzt seinen Namen und hatte seine Nummer, aber mehr war da auch nicht.

Anmerkung: Diese Geschichte entstand in Zusammenarbeit mit der Facebook-Community „Meine Schreibstube“, wo sie als Gewinnerbeitrag eines Literaturwettbewerbes ausgewählt wurde. Hierbei mussten fünfzehn Stichworte vertextet werden: Frühling, Bushaltestellte, Sinfonie, Herzensbrecher, Milchkrug, Engelsstatue, Friedhof, Nebelschwaden, Smartphone, Tourbus, Schwein, Klopapierrolle, Radweg, Sex und abartig.
Mehr über Daria sowie alle Links zu ihren Seiten findet ihr auf ihrer Gastautorenseite. Wir hoffen, die heutige Geschichte hat euch gefallen. Teilt sie doch mit euren Freunden auf den Social Media und schaut bei der Gelegenheit auf unseren Profilen vorbei, wo wir euch gerne mit mehr literarischer Unterhaltung begrüßen. Eine besondere Freude macht uns eure Unterstützung auf Patreon, die wir euch mit exklusiven Inhalten verdanken. Und wenn ihr möchtet, dass wir einen Beitrag nach euren Vorgaben verfassen, könnt ihr uns jederzeit Clues vorschlagen.

7 Gedanken zu „Gaststory | Seltsame Begegnungen“

  1. Hallo zusammen,

    mir wurde unhöflicherweise meine Meinung, zur Geschichte „Gaststory – Seltsame Begegnungen“ von der Autorin Daria Bockendahl in den Wind schlagen.

    Dennoch möchte ich, die Gelegenheit nutzen und auch gerne eure Meinung zu den folgenden Punkten hören.

    Vorne Weg, die Geschichte, abgesehen von diesen Punkte, fand ich super Genial! Hat mich sehr gefreut, sie gelesen zu haben, da sie mich immer mehr dazu verlieht, mir Gedanken im voraus über den weiteren Ablauf zu machen und an sich auch sehr interessant und mal was anderes war.

    Kritik:
    1.
    An der Einleitung, lässt sich doch fraglos mehr ändern oder ?
    Uns wird hier einfach ein Name, ohne Zusammenhang oder Vorwissen eingeworfen, was zumindest mich ein klein wenig gestört hat.
    2.
    Nichts wirklich entscheidendes, vielleicht irre ich mich sogar, aber in Zeile „43“ kurz vor dem Ende, kommt ein Komma (,) nach dem „aber“ wo ich mir nicht sicher bin ob es ein Fehler ist und ich gerne diesbezüglich, verbessert werden wollen würde, falls es kein Fehler ist.
    3.
    Nun zur Eigentlichen Geschichte.
    Uns wird erzählt, dass Noa ein Handy dabei hat, von welchem man am Ende auch erfährt, dass es weder leer noch gar nicht vorhanden war, da sie am ende Nummern getauscht haben. Warum sollte sie es riskieren und bei einem Fremden in den Wagen steigen oder alleine schon einen riskanten Weg nach Hause machen wollen, wenn sie doch einfach jemanden anrufen könnte, den sie kennt und der sie dann sicher abholt ?

    Ja, dies waren meine, von der Autorin zu unrecht Negativ endgegengekommenen Gedanken über diese Geschichte.

    Ich freue mich auf weiterführende Unterhaltungen mit euch :)!
    Einen Schönen Tag oder Abend wünsche ich noch.

    Mit freundlichen Grüßen

    Furki

    1. Hallo werter Furki,
      etwas verwundert habe ich diesen Kommentar gestern Abend zur Kenntnis genommen und da „meine“ Meinung (sowie die aller anderen) explizit gewünscht ist, werde ich diese nun zum Besten geben.

      Bezüglich der Kritikpunkte:

      1.
      In deiner Aussage wird nicht eindeutig klar, ob du mit „Einleitung“ unsere Kurzvorstellung oder die ersten Absätze der Geschichte meinst.
      Sollte sich deine Kritik auf unsere Einleitung beziehen, dann verweisen wir dich gerne auf die verlinkten Inhalte (diese sind durch die Unterstreichung zu erkennen). Wir halten uns in solchen Einleitungen kurz, um unsere werten Leser nicht lange von der Kurzgeschichte abzuhalten und wir stellen Links bereit, über die ihr weitere Informationen zu der Autorin und den Veranstaltern des Schreibwettbewerbs in Erfahrung bringen könnt.
      Sofern sich der Kritikpunkt auf den Einstieg der Geschichte bezieht, kann ich bloss sagen, dass es gerade bei kurzen Texten übliche Praxis ist, nicht mit einer ausschweifenden Charakterisierung zu beginnen, zumal sich solche Texte aufgrund ihres Umfangs ohnehin nicht dazu eignen, Protagonisten tief einzuführen und auszuarbeiten. Wenn du mehr über Charakter-Design und Entwicklung erfahren möchtest, empfehle ich die Lektüre von „On Writing“ von Stephen King. Wenn ich mich richtig erinnere, geht er ebenfalls auf die besonderen Herausforderungen und Vorgehensweisen beim Schreiben von Kurzgeschichten ein.

      2.
      Leider ist es mir nicht möglich, die angegebene Zeile zu finden. Bedenke, dass verschiedene Bildschirme den Text auf Webseiten aufgrund ihrer unterschiedlichen Grösse und Auflösung jeweils etwas anders darstellen, weswegen es sich anbietet, fragliche Passagen direkt zu zitieren.
      Es ist allerdings sehr gut möglich, dass sich Fehler durch unser Lektorat und Korrektorat schleichen – das passiert regelmässig. Selbstverständlich ist es uns ein Anliegen, unseren werten Lesern und Hörern möglichst fehlerfreie Texte anbieten zu können, aber am Ende des Tages sind wir (also Sarah und ich) auch nur Menschen, die Fehler machen oder übersehen. Dasselbe gilt für unsere Gastautoren sowie alle anderen Bewohner unseres Planeten. In Anbetracht dessen, dass wir Clue Writing in unserer Freizeit betreiben und wir euch mehrmals pro Woche neue Inhalte liefern möchten, sind wir auf eure Unterstützung angewiesen. Wir freuen uns, wenn unsere werten Leser und Hörer uns auf Fehler aufmerksam machen und so zum Projekt beitragen. :)

      3.
      Auch bei diesem Kritikpunkt verweise ich auf das Charakter-Design. Wie im realen Leben auch, gibt es literarische Figuren, die nicht immer vollkommen nachvollziehbar oder logisch handeln. Für den Leser ist es teilweise schwer zu beurteilen, ob der Autor seinen Protagonisten gewollt so charakterisiert hat oder ob es sich um einen Logik-, bzw. Designfehler handelt. Ein Anhaltspunkt, den man dazu zur Hand nehmen kann, ist die Konsistenz der Charakterisierung (ist der Chara immer so? Handelt es sich um eine charakteruntypische Handlung? Etc.). Schlussendlich jedoch ist es meist unmöglich, hier eine allgemeingültige Interpretation zu finden, sondern lediglich Eindrücke festzuhalten.
      Ich persönlich bin nun der Meinung, dass Darias Charakter schlüssig ist und die bemängelte Handlung (welche in der Tat etwas naiv ist) mit der vorhergegangenen Charakterisierung stimmig ist.

      So, nun ein paar persönliche Worte von mir, Rahel:
      Augenscheinlich besteht zwischen dir und der Autorin eine Vorgeschichte. Diese ist mir nicht bekannt und ich werde hierzu keine Mutmassungen anstellen. Es drängt sich mir jedoch der Verdacht auf, dass es hierbei nicht in erster Linie um eine „Streitigkeit“ über Literatur, sondern eher über eine Unzufriedenheit bezüglich individueller Feedbackkultur handelt. Ich möchte daher von meiner Seite her festhalten, dass ich es für wenig konstruktiv halte, persönliche Angelegenheiten im öffentlichen Rahmen „austragen“ zu wollen. Um meine oder die Meinung anderer zu bitten dient hier oftmals nicht in erster Linie dem Zweck, dazuzulernen und Fehler zu korrigieren, sondern weit häufiger dem Wunsch, seine eigene Meinung bestätigt zu bekommen. Das wird insbesondere dann auffällig, wenn die Kritik gepaart wird mit Aussagen zum Charakter einer Person, die nicht direkt in den Dialog integriert wird. Ich persönlich (ich kann und will auf keinen Fall für andere sprechen) halte dieses Vorgehen für wenig zielorientiert und möchte mich nicht dazu „benutzen“ lassen, diese ineffiziente Konfliktstrategie anzuwenden. Während ich gerne bereit bin und es befürworte, Fragen zu stilistischer Umsetzung, Inhalt (Kernthemen, etc.) sowie Rechtschreibung und Grammatik zu besprechen, halte ich (als Individuum) es für albern, interpersonelle Dinge, also Aussagen, die vorwiegend auf der Beziehungsebene zweier, mir weitgehend unbekannter Personen, basieren, in diesem Rahmen zu diskutieren. Selbstverständlich werde ich niemanden daran hindern, seine Zeit und sein Recht auf freie Meinungsäusserung in diesem Sinne einzusetzen, werde mich aber zukünftig komplett von solchen Unterhaltungen distanzieren und nur dann eingreifen, sollte ich den Eindruck haben, dass das Persönlichkeitsrecht eines (Un-)Beteiligten verletzt wird.

      Ich hoffe, das klärt einen Teil deiner Fragen. Wie erwähnt begrüsse ich es sehr, dass sich unsere Leser aktiv ins Projekt einbringen und es freut mich, wenn wir Verbesserungsvorschläge erhalten oder man uns auf überlesene Fehler aufmerksam macht – vielen Dank. Solltest du an weiteren Möglichkeiten interessiert sein, wie du dich an Clue Writing beteiligen kannst, dann wirf doch einen Blick in unseren Menüpunkt „Dein Clue Writing“.

      Mit lieben Grüssen und grandiotastischen Wünschen

      Deine Clue Writer
      Rahel

  2. Mir geffällt die geschichte sehr gut. Die geforderten worte waren alle vertreten. Und das ganze ergab eine runde sache! lg ~Dark Raven

    1. Sicherlich werden wir auch im nächsten Jahr mal wieder so einen Wettbewerb veranstalten. Ideen haben wir selbst ja immer genug. glg ~Dark Raven

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