Interview | Farina de Waard

Werte Clue Reader,

der Frühling beginnt bei uns fantastisch, denn im heutigen Clue Writing Interview stellen wir euch die Fantasyautorin Farina de Waard vor. Sie wurde in der Literaturszene mit dem Erscheinen des ersten Bandes ihrer Saga „Das Vermächtnis der Wölfe“ bekannt, welche die junge Sina begleitet, die aus dem heutigen Hamburg in die fremde Dimension Tyarul entführt wird, nur um nach langen Strapazen zu erfahren, dass sie die auserwählte Magierin ist, die den Kampf gegen das Regime der dunklen Tyrannin anführen soll. In diesem Frühjahr wird der zweite Band der Reihe erscheinen.
Farina de Waard schreibt klassische Fantasy, wobei sie jedoch auch auf aktuelle Themen frech Kopie gedrehtwie beispielsweise Diktaturen und Rassismus eingeht. Ihr flüssiger Schreibstil ist von einem guten Auge für Details und bildhaften Beschreibungen geprägt, die ihre an das hiesige Mittelalter erinnernde Welt lebendig und glaubwürdig machen. Zudem schafft sie gute Spannungsbogen, die ständig die Neugier ihrer Leser darauf wecken, was als Nächstes geschehen mag.
Die Reihe erscheint im eigens von Farina für diesen Zweck gegründeten Fanowa-Verlag und der erste Band, „Zähmung“, wurde von der Presse sowie von Lesern mit guten Rezensionen bedacht.

Hallo Farina,
bevor wir uns auf die Reise nach Tyarul und vor allem in deine Schreibstube begeben, beginnen wir doch mit einer genauso wichtigen, doch weniger themenbezogenen Frage: Tee oder Kaffee?

Kaffee! Mit einem kleinen Löffel Zucker.

Du schreibst in der Biographie auf deiner Website, dass du durch einen Traum zum Schreiben gelangtest – war das ein spontaner Einfall, der daraus hervorging oder eher ein langer Prozess?

Eine Mischung. Der Traum war so atemberaubend (ich war wirklich atemlos, als ich aufwachte), dass ich ihn durch eine spontane Eingebung aufschrieb. Ich setzte mich also mitten in der Nacht an meinen Schreibtisch, schnappte mir ein Papier und legte los. Am Ende war der Traum mit allen seinen Eindrücken auf 3-4 Seiten festgehalten – aber damit hörte es eben nicht auf. Ich dachte in den kommenden Tagen immer weiter darüber nach und mit jeder beantworteten Frage tauchten 5 neue in meinem Kopf auf. Warum war ich in dieser Situation, wie komme ich da wieder raus, was resultiert aus meinen Entscheidungen? Welche Personen waren noch an der Entführung beteiligt? So ging es immer weiter.
Aus der spontanen Idee, den Traum aufzuschreiben, entstand also der Prozess, sich eine große Geschichte auszudenken und aufzuschreiben.

Inwiefern beeinflusst dein Studium der Umweltnaturwissenschaften, wie du deine Welt erschaffst und konzipierst?

Ich vermute, wenn ich Politik studieren würde, wäre das noch schlimmer ;)
Ich habe das Gefühl, dass ich durch das Studium viel mehr zum Nachdenken über Konzepte angeregt wurde. Über Zusammenhänge zwischen Menschen, Kulturen, Gesellschaften und der Natur – denn wir haben eben nicht nur viel über Umweltschutz/Biologie/Ökologie gelernt, sondern auch, über den Tellerrand hinwegzusehen. Ich war auch vor dem Studium schon immer ein naturverbundener Mensch und ich glaube auch deshalb habe ich die Vergangenheit meiner Welt so erschaffen, dass die Hochkulturen der Magier durch ihre Fähigkeiten wesentlich naturverbundener blieben als in unserer Geschichte.
Durch das Studium hat sich mein Horizont erweitert und meine Welt bekam mehr Tiefgang und wurde wesentlich komplexer, mir fiel mehr und mehr auf, dass die Diktatur, in der sie sich befindet, durchaus realistische Züge hat und wie ich diese noch verstärken könnte.

Deine Bücher erscheinen im Selbstverlag – wie kamst du zu dieser Entscheidung und was für Vor- und Nachteile siehst du darin?

Zuerst mal fiel bei mir die Entscheidung, dass ich meine Bücher selbst herausbringen will, also ohne einen großen Verlag im Hintergrund. Ich wollte gerne eigene Entscheidungen treffen und Erfahrungen machen, zB das Cover selbst gestalten und mir auch nicht als Newcomer von einem vertraglichen Lektorat vorschreiben lassen, dass mein „Feindbild“ mehr dem aktuellen Trend angepasst werden soll, sprich zum Beispiel Orks oder Vampire enthalten.
Dann gab es noch die Entscheidung, ob ich mich als reiner „Selfpublisher“ vermarkte, also zB nur über ebooks und KDP und dann vielleicht noch CreateSpace oder BoD – oder ob ich mit einem Verlag/Gewerbe versuche, konkurrenzfähiger zu wirken. Als Verlag konnte ich leichter wichtige Dinge erreichen, zB ISBNs kaufen und in ein Großdistributorsystem wie den KNV hineinkommen. Durch mein Auftreten als Eigenverlag wurde ich ernster genommen.
Auf der anderen Seite habe ich kein großes Budget, kaum Vitamin B und die Möglichkeiten, die einem ein großer Verlag bietet. Aber vielleicht kommt das bei späteren Büchern ja noch. Und ich muss alles selbst machen – wenn ich mal keine Lust habe, Werbung zu machen, verkaufe ich auch nichts. Das ist schon manchmal hart, aber insgesamt bereue ich die Entscheidung nicht.

Als Selbstverlegerin hast du sicherlich auch viel mit der Verlagsarbeit zu tun, schliesslich musst du so deine Bücher auch vermarkten. Ist das ein grosser Zeit- und Kostenaufwand?

Zeit ja, mit den Kosten hält es sich noch in Grenzen – aber auch hauptsächlich deshalb, weil ich nicht viel Geld zur Verfügung habe. Ich hatte mir für das erste Buch neben dem Studium das Geld für eine erste Auflage und die Anfangsinvestitionen wie das Korrektorat angespart und reinvestiere jetzt so gut wie alles. Zeit verwende ich sehr gerne darauf, denn das beinhaltet ja auch so spaßige Aktionen wie Interviews, Lesungen und Treffen mit anderen Autoren.

Da du damit einen eigenen Verlag betreibst, hast du längerfristige Wachstumspläne und den Wunsch, Fantasy-Bücher anderer Autoren ins Programm aufzunehmen?

Ganz längerfristig vielleicht. Ich möchte ja eigentlich auch wieder in den Umweltschutz einsteigen und noch einen Master in dem Bereich anhängen, deshalb kann ich es mir aktuell nicht vorstellen, als wirklicher „Verleger“ zu arbeiten – außerdem muss ich selbst noch viel lernen und effizienter werden. ZB was richtige Werbung angeht, denn viele meiner Aktionen verlaufen noch ein bisschen im Sand. Ich habe die Hoffnung, dass das mit jedem weiteren Titel meiner Reihe steigt, aber ob ich dann auch Bücher von anderen verlege, weiß ich noch nicht sicher. Vielleicht wäre eine Kooperation denkbar, in der ein anderer Autor dann auch aktiv Werbung mitmacht und noch weitere Kompetenzen mitbringt.

Du nutzt auch aktiv das Internet für die Kommunikation mit deinen Lesern und Fans, so findet man beispielsweise eine Lesung von dir auf YouTube. Wie sind deine Erfahrungen damit?

Grundsätzlich macht es mir großen Spaß, online aktiv zu sein, denn dadurch kommt man teilweise sehr zufällig mit Lesern und Interessenten in Kontakt und es ist einfach ein tolles Gefühl, wenn jemand fremdes dich anschreibt und dir sagt, dass ihm oder ihr das Buch gefallen hat und sie gern bald das nächste hätten!
Mit Youtube bin ich noch nicht sehr weit gekommen, möchte aber noch einige Videos selbst drehen und habe da schon mit Freunden einiges geplant, aber richtige kleine Filme mit Drehbuch und Schauspielern zu drehen kostet eine Menge Zeit – im Sommer klappt es hoffentlich.
Alles in allem sind meine Erfahrungen mit der Internet-Kommunikation positiv und es macht Spaß, sich eine Fanbase aufzubauen, aber zur Zeit nehmen Billig-Aktionen im Web zu und da gehe ich etwas unter, weil ich meine Bücher nicht für 99 Cent anbieten will. Ich hoffe, dass 800 Seiten den Leuten mehr wert sind und ich versuche ja auch, ein bisschen von meiner Arbeit als Autor zu leben. Zum Glück gibt es auch viele Leser, die ich online treffe und die dann gerne das Taschenbuch haben wollen, das ist besonders toll, ein Buch zu signieren und zu verschicken.

„Das Vermächtnis der Wölfe“ ist eine eindeutig dem Fantasy-Genre zugeordnete Buchreihe. Welche Vorteile, Möglichkeiten und Eigenheiten bietet Fantasy dir als Schriftstellerin im Gegensatz zu anderen Literaturgattungen?

Buchtitel-ZähmungIch konnte meine eigene Welt erschaffen – und mit ihr ein neues und doch ähnliches System, eine Welt mit Menschen und sehr menschlichen Problemen, wie Rassismus, Armut und Gewalt, aber auch Liebe, Freundschaft und Mut erschaffen … und ganz wichtig: MAGIE!
In meinem Traum kam diese in einer sehr düsteren Form vor, denn ich erlebte die Tyrannin Zayda dabei mit ihren schwarzen Kräften – dass es dazu noch eine helle, natürliche Seite gibt, kam mir sehr bald als Idee und so wurde es Teil der Geschichte.
Natürlich ist man in anderen Genres auch sehr frei, man kann auch ein völlig neues Leben erfinden, aber die „natürlichen“ Grenzen der Realität können mit Fantasy eben überschritten werden. Dabei war es mir persönlich aber immer sehr wichtig, dass dieses erfundene Konzept der Magie so realistisch und konsistent wie möglich ist. Und das wird belohnt, einige meiner Leser haben mich kontaktiert und waren begeistert davon, wie glaubhaft meine Magie wirkt. Manchmal erhasche ich mich selbst dabei, dass ich mir denke: Gedankenlesen oder ein Feuerball wären jetzt sehr praktisch.

Deine Hauptprotagonistin, Sina, ist eine junge Frau, die in Hamburg aufgewachsen ist und sich in einer fremden Welt wiederfindet. Dort findet sie nicht nur Verbündete, sondern auch Freunde, die meisten davon in ihrem Alter. Denkst du, dass dein Zielpublikum auch vor allem jung ist?

Das ist für mich schon immer eine der schwierigsten Fragen gewesen – mein Zielpublikum einzuschätzen. Meine begeistertsten Testleser und „Pseudolektoren“ sind zwischen 25 und 60, die meisten meiner Leser so zwischen 15 und … auch 60. Auch wenn meine Hauptpersonen auf der Rebellenseite eher jünger, zwischen 17 und 22 sind, haben sie mit Problemen zu kämpfen, die eigentlich jeden in einer Gesellschaft angehen: Unterdrückung, Sklaverei, Ungerechtigkeit und Gewalt. Sina verliebt sich zwar in Tarek und es entsteht eine zarte Liebe zwischen ihnen, aber das ist nicht das Thema, um das meine Geschichte kreist. Es ist Teil des Lebens von jungen Menschen, dass sich Gefühle entwickeln, aber ich habe meine Bücher nicht geschrieben, damit alle nur für den „typischen männlichen Charakter“, den gutaussehenden, mysteriösen Tarek schwärmen. Liebe ist einfach eines von vielen Themen, mit denen sich meine Charaktere befassen (müssen) und ich schätze, auch Leser, die nicht in genau diesem Alter können sich damit identifizieren, da sie sich ja sicherlich daran erinnern, wie es war, sich als 20-jähriger zu verlieben.

Tyarul, die Dimension in der „Das Vermächtnis der Wölfe“ spielt, wirkt sehr gut geplant – wie lange arbeitest du seit der Idee und den ersten Notizen schon an der Reihe?

Der Traum von dem ich euch berichtet habe, ist mittlerweile 9 Jahre alt. Von diesem Anstoß bis zur Veröffentlichung des ersten Teils sind siebeneinhalb Jahre vergangen. In dieser Zeit habe ich die komplette Welt und ihre Vergangenheit (ca 600 Jahre „Weltgeschichte“) und die Geschichte des gesamten Vermächtnisses geplant, sowie schon große Stücke der Bücher geschrieben. Allerdings entwickelt sich die Geschichte auch jetzt immer noch weiter, je mehr Erfahrungen ich mache, desto komplexer werden die Handlungsstränge und Charaktere und ihre Vergangenheit. Gerade in der Überarbeitungsphase von Teil 1, wenn ich meine Gedanken schweifen ließ, fielen mir manchmal die Tomaten von den Augen und ich entdeckte einen völlig neuen Zusammenhang und dachte dann nur: „Wow, das wird immer intensiver und tiefgründiger“.
Zwischendurch habe ich auch noch Buchideen für ganz unabhängige Geschichten entwickelt, in Richtung Krimi, Thriller und Science Fiction, aber die lagern aktuell ganz tief in einer Schublade und werden vielleicht wieder aktiviert, wenn ich mit der Fantasyreihe fertig bin.

Bei der Lektüre des ersten Bandes, „Zähmung“, fällt nicht zuletzt auch der Detailreichtum deiner Welt auf, den du gut anhand von Sinas Beobachtungen einführen kannst. Im Gegensatz zu vielen anderen Texten, die durch detailreiche Beschreibungen auffallen, schaffst du es, deine so in die Geschichte einzubauen, dass sie nicht langweilig wirken. Was ist dein Geheimrezept?

Für mich existieren die ganze Geschichte und die ganze Welt wie ein riesiger Kinofilm in meinem Kopf, mit dem Zusatz, dass ich in die Gedanken und Gefühle der Figuren blicken kann und auch die Gerüche und Geräusche, das Leid und die Freude, einfach alles wahrnehme. Ich sehe die Farbe der Kleidung, weiß genau, welches Wetter gerade herrscht, ob der Wind in den Bäumen rauscht und die Schritte der Figur im Laub rascheln – im Endeffekt muss ich mir nur aussuchen, was ich mit in den Text aufnehme und was ich nur andeute, damit der Leser sich selbst das Bild vervollständigen kann.
Ich halte dann beim Schreiben manchmal einen Moment inne und stelle mir die Frage: Welche Details sind jetzt wichtig, um das Gefühl zu vermitteln, dass ich selbst dabei habe? Welche Informationen muss der Leser auch haben, welche würden ihn noch interessieren, was kann er sich vielleicht auch selbst denken? Wann wird es zu viel und zu schnöde?
Dann versuche ich, diese Details und Informationen so in die Handlung einzubauen, dass es ein großes Gesamtbild ergibt – wie in einem Film: Man hört vielleicht hauptsächlich auf die Diskussion und sieht in die Gesichter der Figuren, aber man nimmt währenddessen auch sehr viel anderes wahr, das auch sehr wichtig ist, um die Stimmung zu übertragen und die Geschichte lebendig zu machen.
Das ist mein großes Ziel.

Deine Reihe wird im Verlauf einiger Jahre erscheinen und einen grossen Umfang annehmen. Hast du von Beginn an alle Handlungsstränge bis zum Schluss minutiös durchgeplant oder entstehen viele Dinge im Verlauf des Schreibens?

Das ist bei mir wieder so ein Zwischending. Ich habe den Hauptverlauf der Geschichte ziemlich genau durchdacht, das ist vor allem das wichtige, das Sina und ihren Freunden passiert und auch die Background-Info für mich, was die verschiedenen Ereignisse für Auswirkungen auf ihre Entscheidungen, ihre Persönlichkeit und ihre Zukunft haben. Die parallel dazu verlaufenden Handlungsstränge habe ich auch soweit geplant, aber noch nicht ganz so detailliert, vieles ergibt sich dann aus den Zusammenhängen. Teilweise habe ich auch noch „Lücken“ im Plot, bei denen ich nur weiß: Person A soll von Punkt X zu Punkt Y, damit sie da Person B treffen kann. Was auf dem Weg passiert, weiß ich jetzt noch nicht. Aber sobald ich sie losschicke, kommen die Möglichkeiten ganz von selbst – ich vertraue mittlerweile darauf, dass mir eigentlich immer noch etwas einfällt.

Tiere, und wie der Titel verrät insbesondere Wölfe, spielen in Tyarul eine wichtige Rolle. Ist dies der Fall, weil es sich dabei um ein klassisches Motiv in der Fantasy-Literatur handelt, oder ist es eher eine persönliche Note von dir?

Ehrlich gesagt hatte ich mir kaum Gedanken darum gemacht, was für Fantasy typisch ist, als ich mich für die Wölfe entschied. Ich liebe zB auch Drachen, wusste aber, dass sie in meine Geschichte nicht reinpassen. Die Wölfe sind meine ganz persönliche Entscheidung gewesen, einfach weil ich diese Tiere liebe. Ich habe schon in der Schule Referate über sie gehalten, einen Wolf in den USA getroffen und würde gerne später im Naturschutz mit ihnen zutun haben. Ich habe zig Bücher und Dokus über Wölfe und liebe es, mir ihr Geheul anzuhören.
Zusätzlich gibt es ja noch die anderen Völker in meinem Buch, die auch jeweils zu einem Tier und einem Hüter gehören – und jedes Tier auf dem Cover hat mit der Geschichte und besonders viel mit dem Teil der Reihe zu tun. Leser, die mein erstes Buch abgeschlossen haben, werden vermutlich auch verstehen, warum ein Adler mit glühenden Augen das zweite Cover ziert ;)

Mit Sina hast du eine Protagonistin gewählt, die am Ende ihrer Jugend steht, was viele Möglichkeiten bietet, Coming-of-Age Thematiken umzusetzen. War ihr Alter ein wichtiger Aspekt des Charakterdesigns und wenn ja, warum?

 

Als ich begann die Geschichte zu entwickeln war ich selbst Ende 14/Anfang 15 und es war für mich aber von Anfang an klar, dass Sina und ihre Freunde mit Themen und Problemen konfrontieren würden, die für jemanden in meinem Alter zu heftig wären, deswegen machte ich sie etwas älter. Ich denke, ich konnte mich zu dem Zeitpunkt auch einfach besser in eine 17-jährige einfühlen als zB eine 30-jährige. Außerdem wollte ich, dass Sina noch eine gewisse Naivität und Unsicherheit mit sich bringt, das macht sie gerade am Anfang der Geschichte auch aus und gibt ihr die Möglichkeit, sich im Laufe der Bücher stark zu entwickeln. Dadurch, dass sie sich während ihrer Zeit in Tyarul nicht nur mit den Fragen um das Schicksal, sondern auch mit ihrem privaten Leben auseinander setzen muss, wird sie glaube ich auch einfach lebendiger und nachvollziehbarer. Sie ist gerade alt genug, um mit der Konfrontation mit ihrem schweren Schicksal klar zu kommen, aber eine ältere Person wäre vermutlich viel abgeklärter damit umgegangen und dann wäre es eine ganz andere Geschichte geworden.

Sinas Erlebnisse in Tyarul handeln jedoch nicht nur von der Existenz einer Auserwählten, sondern auch von Freundschaften, Streit und Liebe. Wie wichtig ist das Erzählen von alltäglichen Erlebnissen für die Authentizität von deinen Figuren sowie der Story?

Mir war von Anfang an sehr wichtig, dass meine Charaktere und meine Welt nachvollziehbar sind. Meine Figuren sind zuallererst Menschen – ihre Handlungen, Vergangenheit und Persönlichkeit machen sie zu Helden, Kriegern, Feinden und Freunden. Deshalb war es mir wichtig, dass ich das zeige – und gerade für Sina, die sich in einer fremden Welt einleben muss, ist der Alltag selbst etwas neues und ist voller neuer Eindrücke. Es war nicht leicht, da das richtige Mittelmaß zu finden, denn es sollte ja auch nicht wie das Tagebuch einer Person wirken, die in eine andere Welt gerät. Nachdem ich Großteile des ersten Buches fertig hatte und das alles nochmal kritisch durchlas, habe ich viele von diesen Alltags-Details doch wieder rausgeschmissen. Der Leser will ja auch, dass die Geschichte vorankommt, da muss ich ihn nicht mit langen Beschreibungen von jedem Abendessen quälen – aber ganz weglassen wollte ich es wie gesagt auch nicht, damit nicht der realistische Charme wegfällt. Ich habe mich dann für eine Mischung entschieden – teilweise Details, teilweise auch Abschnitte, in denen Zeit übersprungen wird.

Du sagst selbst, dass du auch politische Themen aufgreifst, wie der Widerstand gegen das Regime und Diktatur – soll deine Story eine konkrete politische Aussage machen oder Elemente der zeitgenössischen Weltpolitik zu transportieren?

Mit einer konkreten Aussage hierzu habe ich mich bisher ziemlich zurückgehalten, denn ich will mir eigentlich nicht anmaßen, dass ich genug von Politik verstehe, um eine richtige Message zu transportieren. Ich habe kein Rezept für den Weltfrieden gefunden – aber ich möchte trotzdem auch auf Probleme der Welt aufmerksam machen. Ich hoffe, dass ich im Verlauf der Buchreihe noch mehr darauf eingehen kann und Menschen vielleicht zum Nachdenken anregen kann. Dabei geht es mir einerseits tatsächlich um Ungerechtigkeit in der Welt (ich versuche selbst noch immer zu verstehen, wie es passieren kann, das Menschen grausame Dinge tun, damit ich meine Ratken und andere realistisch darstellen kann) andererseits aber auch um andere wichtige Themen: Menschen können sich ändern, zum Guten, wie auch zum Schlechten. Erfahrungen und Erlebtes verändern die Sicht auf die Welt und Entscheidungen in der Zukunft. Und was mir auch sehr wichtig ist: Sina lernt, sich selbst treu zu bleiben. Das war für mich selbst in meiner Jugend ein wichtiges Thema und ich weiß, das viele in egal welchem Alter damit zu kämpfen haben. Sinas Weg soll ein Beispiel dafür sein, dass man vieles überstehen kann, wenn man sich selbst treu bleibt und intuitiv vorgeht.
Wenn ich ein paar Menschen zeigen kann, dass es aus einer Fantasy-Diktatur nicht unbedingt nur den typischen Weg einer großen epischen Schlacht gibt, dann wäre das aber schon sehr toll.          

Die Erzählung folgt zwar grösstenteils der Protagonistin Sina, doch es gibt immer wieder kürzere Ausschnitte, in denen andere Charakteren und Handlungsorte im Fokus stehen. Hast du dabei je die Idee im Hinterkopf gehabt, in Zukunft ein Spin-Off mit einem dieser Charaktere zu schreiben?

Oh ja! Ich überlege sogar, ob ich ein Prequel mit Zaydas Geschichte schreiben soll – in der ich zeige, wie sie zu der Tyrannin geworden ist. Denn ich habe mir dabei so viel überlegt und bin mir noch unsicher, wie viel ich im Vermächtnis der Wölfe preisgeben will und kann. Aber zu schreiben, wie sie sich von einer jungen (und nicht von Geburt an bösen) Magierin zu einer machtbesessenen Diktatorin entwickelt hat … das finde ich so spannend, dass ich dem wahrscheinlich nicht widerstehen kann.
Auch bei ein paar anderen Charakteren könnte ich mir das vorstellen, wobei ich viele Geschichten im Laufe vom „Vermächtnis“ auflösen und zusammenführen will. Manche Menschen begegnen sich, manche trennen sich danach wieder, andere schließen sich an, andere Handlungsstränge enden. Aber alle sind verknüpft.
Kleiner Spoiler: In Buch 5 kommt ein kleiner Junge vor, der auch wichtig wird – mit ihm könnte ich auch noch etwas Abgetrenntes schreiben.

Es gibt ja auch Leser, die sich nicht besonders für Fantasy-Literatur interessieren. Was würdest du diesen sagen, warum sie gerade dein Buch trotzdem lesen sollten?

Bisher wurde mir von vielen meiner Leser (und darunter waren auch viele, die eigentlich gar kein Fantasy mögen) schon bestätigt, dass ich eine sehr „sanfte“ Form gewählt habe, wie ich meine Leser an die magischen Elemente meiner Geschichte heranführe. Sina hat in dem Fall genauso wenig Erfahrung mit Magie wie der Leser und er kann sein Wissen zusammen mit ihr erweitern und dadurch in eine Fantasy-Welt eintauchen. Auch meine Betaleser und Rezensenten haben mir bestätigt, dass ich es geschafft habe, Bilder in ihre Köpfe zu zaubern, wodurch sie sich die Fantasy-Aspekte meines Buches sehr gut vorstellen konnten. Also gebt euch einen Ruck und schnuppert doch mal in die Leseprobe rein ;)

Nach deinem ersten Band mit dem Titel „Zähmung“ wird diesen Frühling der zweite Band mit dem Titel „Zorn“ erscheinen. Werden auch die weiteren Bände einen Titel haben, der mit einem „Z“ beginnt?

Ganz genau! Jeder Band wird einen Titel mit Z haben – das ist für mich vielleicht irgendwann ein Wiedererkennungsmerkmal und hängt ja außerdem mit den Namen der Protagonistin und der Antagonistin zusammen.
Kleines Geheimnis: Bevor mir die (für mich persönlich wunderbare) Idee mit den Titeln mit „Z“ kam, hatte ich für die Bücher eine andere Titel-Idee. Sie sollten alle mit „V“ anfangen und sollten Titel haben wie Verfolgt/Verloren/Verflucht … aber als dann vor ein paar Jahren die Bücher von Stieg Larrson im Deutschen rauskamen, war die Idee gestorben ;)

Bevor wir nun unsere Pauschalreise nach Tyarul beenden und durch das Portal zurück in unsere Zeit schreiten, möchtest du deinen Antworten noch etwas hinzufügen?

Ich würde euch gerne noch jemanden aus meinem Buch vorstellen ;)
In meinem Buch gibt es ja Magie als Energieform, die manche Menschen wahrnehmen und einsetzen können. In der Zeit der Hochkultur der Magier, haben diese eine Möglichkeit entwickelt, Magie in speziellen Kieselsteinen einzuschließen, die lange natürlicher Magie ausgesetzt waren. Diese nennen sich „Bilure“ – und ich habe eine Möglichkeit gefunden, diese mit der Hilfe von Nireg aus der Welt Tyarul zu schmuggeln.
Man kann diese magischen Speichersteine als Schmuck tragen und jede Farbe hat eine andere Bedeutung – vielleicht wollt ihr sie euch mal auf meiner Webseite oder Facebook ansehen?

Bilure orange und rot Bilure blau und türkis

Wir von Clue Writing möchten uns herzlich bei Farina de Waard bedanken, dass sie sich die Zeit genommen hat, unsere Fragen zu beantworten. Wie ihre Leser sind wir bereits auf den nächsten Band ihrer Saga gespannt, der diesen Frühling erscheinen wird.
All denen, die gerne Fantasy lesen, können wir die Lektüre von „Das Vermächtnis der Wölfe“ empfehlen und wir hoffen natürlich, auch einige Nicht-Fantasy-Leser mit diesem Interview neugierig genug gemacht zu haben, sodass sie einen Blick ins Buch werfen wollen.
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Vielen lieben Dank an Farina und an unsere werten Leser
Eure Clue Writer
Rahel und Sarah

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Dieses Interview wurde von Sarah geführt.

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