Globuli gegen Zombies

Mit einem entspannten Grunzen nahm Marc einen letzten Zug von seinem Joint und legte seine Beine auf einen losen Steinbrocken. Kurt, sein bester Freund seit Jahrzehnten, starrte an das Gewölbe der nur von einer Fackel erhellten Krypta und murmelte: „Ich habe Hunger.“
„Das Ding ist unter ’ner verlassenen Kirche, hier gibt’s bestenfalls vertrocknete Oblaten.“
„Ich denke, Rachefeldzüge, Urban Exploring und Kiffen geht schlechter zusammen als gedacht“, schnaubte Kurt, auf die Reste des Joints deutend. „Und wieso müssen wir ausgerechnet Sven auflauern? Der geht mir zwar auf den Keks, doch das hier ist Overkill.“
Marc verdrehte die Augen und wiederholte: „Willst du das Feedback ‚Das Ding läuft bestenfalls, wenn ihr noch ein Jahr dran arbeitet‘ zu unserem neuesten Algorithmus so stehen lassen? Diese Tester bei uns sind echt arrogant, manchmal muss man jemandem eins auswischen.“
„Natürlich nicht“, brummte Kurt und musterte die Paintball-Waffe, die er eigens für diesen Zweck ausgeliehen hatte. „Und du bist sicher, er hat gesagt, er sei heute hier?“
„Ja, ich habe ihn behaupten hören, er wollte heute Nacht durch die alte Kirche in die Katakomben. Kennst ihn doch, der schwärmt ständig von seinen Entdeckungssfeldzügen.“
„Na gut. Andererseits, wenn wir realistisch gerenderte verlassene Orte sehen wollen, hätten wir auch zuhause ‚The Last of Us‘ spielen können. Die Frage ist nur, das erste oder das zweite, Rache gäbe es nur in einem davon“, kicherte Kurt, auf ihre Meinungsverschiedenheit von vor einigen Tagen anspielend, welches das bessere Game sei, was dem Kumpel ein gestöhntes „Oh Gott, nicht die Debatte wieder“ entlockte, bevor Kurt mit gespielter Empörung loswetterte: „Oh nein, der Herr, deine Schmährede auf das wundervolle Leveldesign von Part II kann ich so nicht stehen lassen, das…“
„Ich habe nie was gegen das Leveldesign gesagt, sondern darauf hingewiesen, dass das Charakterdesign Probleme hat, die bei Part I nicht da waren und …“, unterbrach ihn Marc, nur um sogleich wieder von Kurt unterbrochen zu werden: „Apropos Zombies, denkst du, hier unten gibt es welche? Ich werde paranoid, wenn ich stoned bin.“
„Zombies? Alter, hast du sie noch alle? Die sind nicht real!“
„Die Wirkung von Globuli auch nicht, trotzdem kaufen die Leute die“, wandte Kurt überzeugt ein und zupfte den anderen am Jackenärmel. „Komm schon, geh nachsehen.“
„Wo?“ Mit einer rhetorischen Geste deutete Marc auf die sie umgebende Dunkelheit und kicherte. „Diese Krypta ist mit den Katakomben unter der halben Stadt verbunden, denke ich. Da sind überall Ratten und Glibber und Skelette und wer weiß, vielleicht auch Zombies.“
„Hör auf, das ist nicht witzig! Jetzt bin ich paranoid und habe Hunger!“
„Schau doch, ob ein Pizzakurier hier runter liefert“, lachte Marc. „Wir haben zwar kein Signal, aber wenn du ihn telepathisch verständigen kannst …“
„Spätestens beim Glibber ist mir der Appetit vergangen.“ Er hob plötzlich den Finger. „Halt mal, hörst du das auch? Dieses Röcheln und Scharren?“
„Okay, jetzt willst du mich veräppeln oderwirst endgültig paranoid. Wir sind Softwareentwickler, nicht Horror-Autoren, hör auf mit dem Blödsinn, Zombies sind nicht real! Und Globuli hätte ich auch keine dabei, um die abzuwehren.“
„Nein, ich bin voll ernst – ich habe vorhin was gehört, aber jetzt hat es aufgehört. Trotzdem, das mit dem Gras war ’ne miese Idee.“
„Also ich habe Spaß.“ Kichernd streckte sich Marc, ehe er in seiner Tragetasche zu wühlen begann, und einen alten, dicken Lyrikband zum Vorschein brachte, aus dem er jeweils in der U-Bahn las. „Und wenn Zombies auftauchen, haust du ihnen einfach den übern Kopf!“
„Das funktioniert ni…“ Mit einem Seufzen gab Kurt auf und fragte stattdessen: „Sag mal, hast du nicht was zu knabbern in der Tasche?“
„Oh, stimmt, ich habe noch einen Schokoriegel.“ Mit einem frechen Grinsen machte er eine Pause. „Den esse ich jetzt!“
„Komm schon, teil doch den mit mi…“ Diesmal war das Röcheln und Kratzen laut genug, dass sie es beide hörten, es drang aus den Tiefen der Dunkelheit und hallte schaurig durchs Gewölbe. Beide waren verstummt und starrten einander ungläubig an, ehe sich Kurt abrupt erhob. „Hey, gehen wir? Wir könnten noch bei mir zuhause ‚Jedi Survivor‘ fertig spielen?“
„Gute Idee“, stimmte Marc zu, schluckte und schulterte seinen Rucksack. Hastig machten sich die beiden auf den Weg zur Treppe, hoch in die verlassene Kirche. Einzig das gruselige Geräusch hallte weiter durchs Gewölbe. Es dauerte beinahe eine halbe Minute, bis der Lärm näherkam und Sven mit einer Taschenlampe in der Hand und dem Handy, das Zombiegeräusche abspielte, in der anderen ins Gewölbe schlenderte und sich traute, hämisch zu lachen. „Das wird den Deppen beibringen, mir einen Streich spielen zu wollen. Morgen lege ich denen voll Globuli in den Spind, damit sie sich gegen die Zombies wehren können.“

Autorin: Sarah
Setting: Krypta
Clues: Tragetasche, Lyrikband, Globuli, Fackel, Schmährede
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